Geschichte des Agathon

Agathon ist ein passionierter Reisender: Ohne Unterlaß auf der Suche nach dem richtigen Daseinsort, nach der wahren Lebenslage, findet er über allerlei Ab- und Umwege letztlich zu sich selbst. Wieland hat mit der feinsinnigen und bewegten «Geschichte des Agathon» den ersten deutschen Bildungsroman geschrieben.§§Nicht nur der Held, der ganze Charakter des Buchs ist modernen Zuschnitts. Tugend und Weisheit, schreibt der Autor im Vorwort, sei dem Menschen nicht gegeben, er müsse sich beides erst mit vielen Enttäuschungen, Irrtümern und Fehltritten erwerben. So ist sein Agathon abwechselnd religiöser Schwärmer und Asket, politischer Reformer und Weltflüchtling, Platoniker und Lebemann. Er trifft einflußreiche Männer und verführerische Frauen, lernt den Überfluß ebenso kennen wie die Entbehrung, erfährt die ideale Liebe und herbe Zurückweisung. Doch in allen äußeren Anfechtungen bewährt sich stets sein Glaube an die Humanität.§§Wieland verzichtet auf den abstrakten Moralismus, auf stereotype Handlungsmuster und das blutarme Gutmenschentum der bis dahin üblichen Erbauungsliteratur. Demgegenüber entwirft er mit seinem vielgeprüften «Agathon» eine Odyssee, in der Welterfahrung zur Selbsterfahrung wird, in der jede Verwicklung des Daseins, sei sie nun gut oder schlecht, letztlich zur Entwicklung der Persönlichkeit beiträgt.