Die dritte Hälfte eines Lebens
Produktbeschreibung
Krimmwing ist ein Dorf wie viele andere. Ein Dorf, das sehr genau beobachtet, bewertet und urteilt. Das aber auch gut ist im Wegsehen und Weghören. So haben es die schwer, die anders sind. Der Rathbauer etwa, der sich so gern schminkt allein vorm Spiegel. Der Steinlachner Seppi mit seiner dunklen Hautfarbe, zurückgelassen vom Vater, der kein Einheimischer war. Die junge Rosa, ledig und alleinerziehend. Oder die Liesl mit der körperlichen Auffälligkeit. Warum der Seppi letztlich mit einem Seil zum Apfelbaum auf den Kirschkernhügel gegangen ist, will im Nachhinein niemand geahnt haben. Doch Krimmwing ist auch ein Dorf, das nicht vergisst. Und als der Peter Dohringer nach vielen Jahren zurückkehrt, wird es unangenehm für einige in der Gemeinde. Anna Herzig legt ein Romandebüt vor, das in eindrücklichen Szenen die Machtverhältnisse und Triebkräfte einer Dorfgesellschaft aufzeigt. Ihre scharfen Beobachtungen sind frei von Bewertung, sie stehen und wirken für sich. Nüchtern und schmucklos sind viele Sätze, die in ihrer Klarheit eine umso stärkere Wirkung entfalten. Die dritte Hälfte eines Lebens ist ein Plädoyer dafür, gesellschaftliche Normen neu zu denken. "Sich dem Leben entgegenzustemmen, das muss einem liegen, sagt der Dohringer und die Liesl lächelt."
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Wir alle sind Krimmwing
Das fiktive Dorf Krimmwing – die Namensfindung wäre interessant – kann überall sein. Wer ist „wie alle anderen“, kann so einer engen Dorfgemeinschaft vermutlich etwas abgewinnen. Aber wehe, wer nicht!
Laut Klappentext schreibt die Autorin „nah am Leben“. Das tut sie mit anschaulichen Vergleichen sehr beeindruckend: Auf das Coming-out des Sohnes reagiert der Vater „mit der Empathie eines Traktors ausgerüstet“. Oder: „Es gibt Dinge, die sind in uns hineingeschrieben, mit der schwärzesten Tinte.“
Die knappe, präzise Erzählweise und die vielen Dialoge nehmen einen mit, mitten hinein ins Geschehen. Verwirrend sind manchmal die vielen Personen und deren Namen. Aber das ist wohl beabsichtigt. Anna Herzig schaut genau hin, stellt niemanden bloß und lässt zu guter Letzt ihre Hauptfigur wiederauferstehen.
Das Cover ist schlicht und klar und passt somit zur Geschichte, obwohl ich inhaltlich keinen Zusammenhang sehe.